Schulausflug Aufsichtspflicht   Seite drucken

Aufsichtspflicht bei Klassenfahrten
Schulwanderungen und Klassenfahrten sind ebenso gesetzlich unfallversichert, wie der "normale Schulbetrieb". Es handelt sich um schulische Veranstaltungen.

Welche Konsequenzen hat das für die Haftung des Lehrers?

Zunächst ist hierbei die Aufsichtspflicht zu betrachten, die mit dem Begriff der Haftung eng zusammenhängt.

Die Beaufsichtigung und der Schutz der Schüler zählen zu den Dienstpflichten des Lehrers. Er hat die Schüler vor Schäden zu bewahren und zu verhindern, daß sie andere schädigen. Diese Aufsichtspflicht besteht sowohl gegenüber minderjährigen als auch gegenüber volljährigen Schülern.

Sie ist zeitlich und räumlich durch den schulischen Bereich begrenzt. Sie erstreckt sich bei Schulwanderungen und Klassenfahrten zeitlich auf deren Dauer sowie auf eine angemessene Zeit vor und nach der schulischen Veranstaltung. Räumlich beschränkt sie sich auf den Ort der Schulveranstaltung.

Die Aufsichtspflicht wird von drei wesentlichen Komponenten
bestimmt: Sie muß kontinuierlich, aktiv und präventiv sein. Kontinuierliche Beaufsichtigung heißt, daß die Aufsicht grundsätzlich ununterbrochen ausgeübt werden muß. Da der Lehrer jedoch nicht ständig alle Schüler "im Auge" haben kann, ist es zumindest erforderlich, daß sich alle Schüler durch seine Anwesenheit beaufsichtigt fühlen müssen.

Aktiv ist die Aufsichtsführung dann, wenn der Lehrer darauf achtet, daß seine Warnungen und Weisungen auch eingehalten werden und er Verbote durchsetzt.

Letztlich muß die Aufsicht noch präventiv, d. h. umsichtig und voraussichtig sein. Hierzu zählt z. B., daß der Lehrer mögliche Gefahren eines Wanderweges vorher erkundet.


Wie haftet nun der Lehrer, wenn er die ihm obliegende Aufsicht verletzt? Hierbei ist zum einen zwischen Personen- und Sachschäden, zum anderen zwischen vermögensrechtlicher, strafrechtlicher und dienstrechtlicher Haftung zu unterscheiden. Für die Verletzung, die sich ein Schüler zuzieht oder einem anderen Schüler zufügt, gilt das sogenannte Haftungsprivileg des Lehrers (§§ 636, 637 Reichsversicherungsordnung). Das bedeutet, daß der Schüler zunächst nur Ansprüche gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger hat. Ansprüche gegen den Lehrer kann er geltend machen, wenn dieser seine Aufsicht vorsätzlich verletzt hat. Vorsatz liegt vor, wenn der Lehrer bewußt seine Aufsicht verletzt.

Der zuständige Unfallversicherungsträger kann jedoch seine Aufwendungen bereits bei grob fahrlässigem Handeln zurückfordern. Grob fahrlässig handelt, wer einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt. Maßstab ist das Verhalten eines besonnenen Lehrers.

Schädigt ein Schüler eine schulfremde Person (z.B. einen Passanten) oder verursacht er einen Sachschaden (zerbrochene Fensterscheibe), so gilt das Haftungsprivileg nicht. In diesem Fall besteht ein Anspruch des Geschädigten, den er jedoch nicht gegen den Lehrer, sondern gegen dessen Dienstherren zu richten hat, (§ 839 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz).

Unabhängig von dieser vermögensrechtlichen Haftung, kann der Lehrer sowohl strafrechtlich als auch dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Strafrechtlich kann die Aufsichtspflichtverletzung dann verfolgt werden, wenn sie zur Verletzung oder zum Tod eines Schülers oder eines Dritten geführt hat. Das Maß der dienstrechtlichen Verfolgung bestimmt der Dienstherr nach der Schwere der Dienstpflichtverletzung.
Thomas Meiser ist Jurist und stellvertretender Geschäftsführer des Gemeindeunfallversicherungsverbandes für das Saarland.
Auszug aus: pluspunkt 2/94

Paragraf – Schulrecht für Schleswig-Holstein